Berlin, 04. Juni 2020 - Digitale Technologien ebnen den Weg für neue Denkansätze – etwa, wenn es darum geht, Kleinteile sicher zu erkennen. Studenten der Universität Würzburg entwickelten kürzlich ein intelligentes Verfahren, bei dem Maschinenteile fotografiert, erkannt und den passenden Artikeln in der Unternehmenssoftware zuordnet werden. Die auf Digitalisierung spezialisierte COSMO CONSULT-Gruppe begleitete das Projekt bei der Maschinenfabrik Lauffer GmbH & Co. KG. In der Modellanordnung gelang es den Studenten, den Wareneingang bei Retouren effizienter zu gestalten. Nun plant die Maschinenfabrik, die neue Technologie langfristig zu nutzen.
Universitäten sind ein Hort des Wissens und der Innovation. Dennoch kann der akademische Betrieb seinen Studenten nicht alles vermitteln. „Wenn etablierte Geschäftsprozesse verändert und neue Technologien eingeführt werden, zieht das immer auch organisatorische Herausforderungen nach sich. Den richtigen Weg, um damit umzugehen, muss jeder für sich selbst finden“, betont Univ.-Prof. Dr. Axel Winkelmann vom Lehrstuhl für BWL und Wirtschaftsinformatik und ERP-Fachexperte an der Universität Würzburg. Um Masterstudent*innen dazu Gelegenheit zu geben, ist ein Projektseminar fester Bestandteil der Wirtschaftsinformatik-Ausbildung. Ziel ist es, über den Zeitraum eines Semesters erlerntes Wissen praktisch umzusetzen und Teamskills zu trainieren. Kooperationen zwischen Uni und Wirtschaft spielen dabei eine zentrale Rolle.
Retouren effizienter buchen
Die COSMO CONSULT-Gruppe gehört zu jenen Partnern, mit der die Uni Würzburg seit langer Zeit regelmäßig zusammenarbeitet. Als die sechs Masterstudent*innen ihr Konzept vorstellten, ließ sich der Digitalisierungsspezialist nicht lange bitten und knüpfte den Kontakt zur Maschinenfabrik Lauffer GmbH & Co. KG. Ihre Idee: Mit Kamera, Bilderkennung und Künstlicher Intelligenz (KI) eine digitale Lösung zu entwickeln, mit der Kund*innen Bauteile leichter identifizieren können. „In der Fertigung ist es eher unwahrscheinlich, dass Bauteile nicht identifiziert werden können. Doch in der Bauteilelogistik gab es bei Lauffer ähnliche Anforderungen“, erklärt Eduard Wallender, Senior Consultant bei der COSMO CONSULT-Gruppe.
Aufwendige Teilebuchungen
Die Maschinenfabrik Lauffer aus Horb am Neckar entwickelt, baut und installiert weltweit Pressen und automatisierte Anlagen für die Metall- und Pulvermetallverarbeitung, Laminationsanlagen für die Herstellung von Leiterplatten und ID-Karten sowie Presssysteme für die Kunststofftechnik und das Transfermolding. Die Montageteams nehmen dabei meist mehr Teile mit, als tatsächlich beim Kundeneinsatz benötigt werden, sodass überzähliges Material später wieder einzulagern ist. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn viele dieser Teile sind nicht gekennzeichnet und unterscheiden sich nur in wenigen Details. „Jedes Teil wird einzeln identifiziert und per Hand in unserer Unternehmenssoftware Microsoft Dynamics NAV erfasst“, erklärt Eberhard Gsell, IT-Leiter bei der Maschinenfabrik Lauffer.
Wenn künstliche Intelligenz den Wareneingang steuert
Im Rahmen des Projektseminars “API - Automatic Product Identification” entwickelten und vernetzten die Student*innen verschiedene digitale Technologien, um den aufwendigen Vorgang zu automatisieren. Die eingehenden Teile werden dabei zunächst fotografiert. Dann identifiziert sie ein vortrainierter Algorithmus und ordnet sie der passenden Artikelnummer zu, die vom ERP-System bereitgestellt wird. Mitarbeiter*innen geben nach kurzer Prüfung der Details die Eingangsbuchung frei und übernehmen den Artikel ins System, das gleichzeitig einen Lagerplatz zuweist. Hierfür entwickelte das Team eigens eine Schnittstelle, die auf Basis von Microsofts Power-Plattform das ERP-System mit KI und Bilderkennung verbindet.
Projektergebnisse zeigen Potenzial
Große Teile des Prototyps laufen auf Open Source-Technologie, was die Performance der Installation zunächst bremste. Daher konnte nur mit einer limitierten Artikelzahl und einem begrenzten Datenvolumen gearbeitet werden. Die Ergebnisse überzeugten Lauffer dennoch. „Mit dem Verfahren können wir in kurzer Zeit eine Vielzahl von Teilen sicher identifizieren. Auch solche, die für eine Kennzeichnung zu klein sind. Ein weiterer Pluspunkt ist das nahtlose Zusammenspiel mit Dynamics NAV. Um einen Artikel zu übernehmen, ist lediglich die Freigabe erforderlich. Das entlastet unser Team und sorgt für ein hohes Sicherheitsniveau“, unterstreicht Gsell. Später könnte man auch elektronische Waagen für eine noch genauere Teileidentifikation und Barcode-Drucker für Kennzeichnung und Einlagerung in den Prozess einbinden.
Systemeinführung in Planung
Gemeinsam mit COSMO CONSULT skizziert der Maschinenbauer derzeit den künftigen Einsatz der Technologie. „Um die Performance zu erhöhen, steht ein Wechsel auf die Cloud-Plattform Microsoft Azure im Raum. Zudem könnte man mit einer Fotobox und mehreren Kameras die Teile von verschiedenen Seiten dokumentieren. Die Bilder könnten dann nicht nur für die Erkennung, sondern auch für die Artikelkartei verwendet werden“, blickt Wallender voraus. Für Prof. Winkelmann hat der Projekterfolg viele Gründe: „Am Ende haben es die Leistung der Studenten, aber auch das hohe Engagement von Lauffer Pressen und COSMO CONSULT möglich gemacht.“