Windeck, 28. Juli 2021 - Die digitale Transformation ist und bleibt Trendthema Nr. 1 bei Stadtwerken von Flensburg bis Friedrichshafen. Die größte Herausforderung war vor allem zu den Anfängen der Digitalisierungsoffensive vor 15 Jahren die Prozesse bei Betriebsführung und Instandhaltung umzusetzen. Zum einen, weil Prozesse veränderliche Zustände beschreiben und damit komplex ausfallen; zum anderen, weil sie untrennbar mit dem Faktor Mensch verbunden sind.
Die Tücken an der Nahtstelle vom Mitarbeiter als Träger des Arbeitsprozesses zur IT-Lösung kennt man bei NetzWerkStadt, Servicedienstleister und IT-Partner mehrerer Stadtwerke der Region, sehr genau. Deswegen setzen die Experten für Assetmanagement, Energiewirtschaft und Managementberatung bei Implementierung, Entwicklung, Schulung und Hosting der Betriebsführungs- und Instandhaltungssoftware GS-Service (GreenGate AG) auf größtmögliche Partizipation vom Service über Betriebsleitung bis zur Geschäftsführung.
Strategie baut nicht auf Papier
Dario Spampinato (34), NWS-Projektmanager im Segment Asset- und Workforcemanagement, bricht das große Bild zunächst auf die grundsätzliche Herausforderung vor Ort herunter: „Die strategische Linie der Digitalisierung ist bei den von uns betreuten Stadtwerken vergleichbar: Es geht darum, dass die Monteure keine Zettel mehr in die Hand nehmen müssen.“ Das Warum ist schnell erklärt: Es geht um die bekannten Medienbrüche beim Transfer der Daten vom Klemmbrett ins IT-System, Daten-Inkonsistenzen durch manuelle Tätigkeiten, unzureichende Anleitung, Einweisung und Dokumentation der Tätigkeiten von Fremddienstleistern, kein Einblick in die Historie von Assets und Prozessen, wenn zum Beispiel Mitarbeiter B ein offenes Projekt von Mitarbeiter A fortführen soll, aber nur der Aktenordner in Papierform verfügbar ist.
Außer Nostalgie bleibt da wenig: „Digitalisierung ist natürlich das Hauptthema bei den Stadtwerken, die Kollegen waren so aufs Papier fixiert; allein für die Dokumentation hat es gefühlt zehn Köpfe gebraucht, um sie fertigzustellen.“ Dabei hätte ein einziger mit der richtigen IT-Anwendung schon gelangt. „Nehmen wir das Beispiel Leiterprüfung, die bei den Stadtwerken bis 2019 hybrid dokumentiert wurde. Zunächst gab es die Unterlagen für den Monteur, der einiges schriftlich ausfüllte, die Zettel dann an eine fitte Schreibkraft weitergab, die die Angaben für die Rechnungstellung als möglich ins System eintippte oder einscannte.“
Mobile Auftragsbearbeitung
Seit NWS die mobilen Lösungen der Instandhaltungs- und Betriebsführungssoftware GS-Service bei den Stadtwerken etabliert hat, hat sich dieses Prozedere grundlegend geändert: Aus mehreren Arbeitsschritten wurde ein einziger, weil die Mitarbeiter alle Bearbeitungsschritte und Ergebnisse gleich im Feldeinsatz im Tablet oder Smartphone dokumentieren. Die Daten werden auf Wunsch sofort oder bei Offline-Arbeiten später am Arbeitsplatz bzw. in konfigurierbaren Abständen mit dem Server synchronisiert. „Die mobile Aufgabenbearbeitung ist nun mal ein ganz großes Thema und bedeutet eine enorme Zeitersparnis“, sagt Dario Spampinato.
Die neue Effizienz beginnt mit der Kartenintegration für leichte Orientierung und der Darstellung der Aufgaben in der Umgebung und ihres Status. Betriebsmittelauskunft, Aufgabenbearbeitung mit strukturierten Checklisten, Zeiterfassung und Auswertungserstellung – alles ist in GS-Service möglich. Aber auch machbar?
Den Realitäten ins Auge blicken
„Ja, das ist machbar. Wir vermitteln es so, dass es jeder versteht, und richten die Lösung so ein, dass sie den Realitäten entspricht. Dafür sind wir auch schon rausgefahren beispielsweise zur Trafo-Inspektion, um das digitale Back-up der Monteure in GS-Service zu optimieren. Die Kernfrage lautete: Wie arbeitet der Kollege wirklich?“ Ein solches Vorgehen wird in der Arbeitsprozessforschung als NAK-Analyse (Nutzer-Aufgaben-Kontext-Analyse) bezeichnet und soll die Nutzerorientierung eines Produktes, kurz Usability, optimieren.
Dabei geht es um das Ausmaß, in dem das Produkt oder die IT-Lösung den Nutzer bei seinen Aufgaben in der konkreten Kontextsituation unterstützt. Je mehr und je einfacher sie das tut, umso ausgeprägter ist die Akzeptanz bei den Anwendern. Dario Spampinato weiß das, weil er das Gegenteil kennt: „Früher war es im Regelfall so, dass die Software-Nutzung top down, also von oben angeordnet wurde, die Monteure aber nicht den Sinn gesehen haben. Wenn wir den Kollegen heute ein Tablet in die Hand drücken und ihnen zeigen, wie einfach man gezielt auf Infos zugreifen, Anlagen verwalten und Aufgaben dokumentieren kann, kommt die Reaktion: Oh, ich brauch es vielleicht doch.“
Wendepunkt im Jahr 2014
2014 wurde GS-Service mit Fokus auf die Anlagen und Prozesse bei den Segmenten Wasser, Strom, Wärme und Gas eingeführt. Seit 2019 werden auch die Wartungen und Inspektionen der Parkhäuser mit GS-Service gehandelt, hinzu kommen Planung, Ausführung und Verwaltung der Instandhaltung und Betriebsführung von Hallenbad, BHKW´s und den Spielplätzen der Kommunen. Schnittstellen existieren u. a. zum SAP-ERP und GIS.
Seit 2019 bietet NWS ihren Kunden zudem den All inclusive-Service mit Hosting der IT für Betriebsführung und Instandhaltung. Grundsätzlich integriert GS-Service als dem ERP nachgeordnetes System Planungs-, Dokumentations- und Überwachungsfunktionen und betriebswirtschaftliche Anwendungen zu einem Informations- und Managementsystem. Die objektorientierte Software – als skalierbare Client-/Server-Lösung konzipiert – baut auf einer Standardtechnologie auf und arbeitet unter aktuellen Microsoft-Betriebssystemen. Von Vorteil: Durch die offene Systemarchitektur lässt sich GS-Service an andere Systeme (GIS, ERP) ankoppeln.
Praktischer Alltag
Werktäglich versammeln sich Teamleiter/Meister und Monteure der Stadtwerke morgens in Werkstatt oder Büro zur Teambesprechung. Dann nehmen sie wie selbstverständlich ihre Tablets/Notebooks mit ihren Aufträgen und los geht die GS-Service-gestützte Instandhaltung.
Dario Spampinato erörtert das Funktionsprinzip im Hintergrund: „GS-Service führt die Stammdaten von Anlagen, Messgeräten, Fahrzeugen und Betriebsmitteln. Diesen Objekten ordnen wir ihre Wartungsbedarfe zu und automatisieren die Zyklen. Die so erzeugten Aufgaben können über das integrierte Modul disponiert und auf mobile Geräte übertragen werden. Zur Arbeitsvorbereitung können auch Ressourcen und Material zugeordnet werden. Die Rückmeldung wiederum wird über den Datenabgleich im System abgelegt, erkannte Schäden können dabei dokumentiert und weiterverarbeitet werden.“ Als weitere hilfreiche Funktion hat er Management, Dokumentation und Nachhaltung der Arbeitssicherheitsunterweisungen ausgemacht, „so lassen sich alle gesetzlichen Vorgaben wie das Handling von Gefahrstoffen erfüllen, man verliert den Überblick nicht und kann die Arbeiten so effizient wie möglich ausführen.“
Alles fließt
Diese Rechnung geht auf jeden Fall auf: „Nehmen wir das Segment Wasser“, führt Spampinato weiter aus, „die sind überglücklich mit dieser Lösung.
Durch die Fusionierung zweier Stadtwerke am Bodensee, eines der Herausforderungen einen Überblick zu verschaffen, welche Wasseranlagen in der Betriebsführung bei dem jeweiligen Stadtwerk vorhanden sind. Mit der digitalen Inventur in GS-Service wurden alle Wasseranlagen systemseitig erfasst.“
Gleiches gilt für das 1:1 in GS-Service abgebildete, rund 1.000-seitige Unternehmenshandbuch, mit dem vor allem Betriebs- und Teamleiter arbeiten. „Die Kolleginnen und Kollegen können an einer zentralen Stelle alle Infos abschöpfen und einpflegen.“ Die Single Source of Truth sichert nicht nur Unternehmenswissen IT-seitig ab, sondern senkt auch die Gefahr von Konflikten: „Keiner hat Angst, dass ein anderer mehr weiß.“ Spampinato hat registriert, dass die Akzeptanz von GS-Service markant gestiegen ist: „Greengate ist ein geflügeltes Wort bei den Stadtwerken. Man spricht uns bei NetzWerkStadt inzwischen direkt darauf an und fragt: Was kann das System noch? Das ist ein toller Indikator dafür, dass wir mit dem System sehr gut dastehen. Begeistert sind wir von der Zusammenarbeit mit GreenGate.“ Warum das? „Hier wird nichts schöngeredet, es wird darüber geredet – auch bei einem regelmäßigen Jour-fixe. Wir sind sehr zufrieden, eine schnelle Reaktion ist bei GreenGate garantiert.“
Ein neues Projekt ist die Umsetzung von automatisierten E-Mailbenachrichtigungen aus dem GS-Service, damit die Verantwortlichen Teamleiter/Mitarbeiter über bspw. erledigte Aufträge von externen Dienstleistern informiert werden und entsprechend anhand dem fertiggestellten Auftragsbogen diese prüfen können. „Auch das ist ja unsere Zielsetzung: so viel als möglich zu digitalisieren, um so viel als möglich zu automatisieren.“