Software-Tipps

eProcurement - Definition und typische Softwarefunktionen


Typische Funktionen und Tipps zur Auswahl von eProcurement Software

Was ist eProcurement?

Das eProcurement oder elektronische Procurement (die elektronische Beschaffung) umfasst die herkömmliche Beschaffung von Produkten oder Dienstleistungen über das Internet und lässt sich in verschiedene Varianten aufteilen. Die einfachste Variante ist die digitale Bestellabwicklung über Onlineshops. Diese flexible Variante ohne Anbindung an unternehmensinterne Systeme wird oft von kleineren Unternehmen umgesetzt. Sie ist gewissermaßen die Minimalvariante, da nur der Einkauf in einem oder in verteilten mehreren einzelnen Shops erfolgt. Effizienter wird der Einkauf, wenn auf elektronische Marktplatzsysteme oder sogar auf einen Multi-Lieferanten-Katalog zugegriffen wird. Das eProcurement kann als Buy-Side (Beschaffersystem), als sell-side (Lieferantensystem) oder als Marktplatzsystem umgesetzt werden.


Vorteile eProcurement

Das elektronische Procurement automatisiert und verkürzt den Beschaffungsprozess. Dadurch sinken Aufwand und Kosten. Durch Aushandeln von Rahmenverträgen, bessere Vergleichbarkeit von Lieferanten und Preisen sowie ausgehandelte Rabatte lassen sich ebenfalls Einsparungen erzielen.

Beachten Sie bitte auch die aktuelle Marktübersicht der Softwarelösungen und Erklärungen zum Thema Procurement, Beschaffung

Begriffserläuterungen

Lieferantensystem (Sell-Side)

Bei den Lieferantensystemen gibt der Lieferant das zu nutzende System und die Anforderungen, die möglichen Schnittstellen und Standards vor. Der Beschaffende muss sich nach den Vorgaben des Lieferanten richten und die notwendigen Anpassungen an EDV in seinem Unternehmen vornehmen. In der Regel stellt der Lieferant Anleitungen für die Einbindung in das System bereit und unterstützt die firmenseitige Implementierung bzw. vermittelt gegebenenfalls EDV-Firmen, die bei der Integration der angebotenen Web-Services behilflich sind.

Beschaffersystem (Buy-Side)

Bei Beschaffersystemen gibt der Einkäufer das zu nutzende System sowie die entsprechenden Schnittstellen und Standards vor. Solche Systeme sind beispielsweise in der Automobilbranche vorherrschend. Dort werden mittels bestimmter Standards dann die Anforderungen an Zulieferer weitergegeben. Die Lieferanten sind in diesem System diejenigen, die ihrerseits in ihren Unternehmen für die nötigen Voraussetzungen zur Bearbeitung der Bestellungen sorgen müssen.

Marktplatzsysteme

Elektronische Marktplätze bündeln den Bedarf von vielen Unternehmen und das Angebot von vielen Lieferanten. Die Beschaffung bzw. der Vertrieb über solche Marktplätze ist eine überaus effektive Art über das Internet zu handeln. Es gibt verschiedene Marktplatzarten.1 Marktplätze können z.B. auf nur eine bestimmte Branche ausgerichtet sein (vertikal) oder auch branchenübergreifend (horizontal) oder nur für einen bestimmten Geschäftspartnerkreis vorgesehen sein (geschlossen). Der branchenübergreifende horizontale Marktplatz ist häufig einer über den z.B. MRO-Güter bzw. C-Teile gehandelt werden.2

MRO-Güter bzw. C-Teile

MRO (Maintenance, Repair and Operations) -Güter bzw. C-Teile sind Güter, die nicht für die Produktion selbst benötigt werden, sondern z.B. Betriebsstoffe, Werkzeuge, Büromaterial, Verbrauchsartikel wie Toilettenpapier etc. umfassen. Diese zeichnen sich durch einen geringen Bestellwert, hohe Beschaffungskosten und kaum planbaren Bedarf aus. Für diese Güter ist eine effiziente Beschaffung besonders wichtig und das eProcurement hervorragend geeignet um Einsparungen zu erzielen.

Multi-Lieferanten-Katalog

Multilieferantenkataloge umfassen die Artikel- bzw. Produktinformationen mehrerer Lieferanten. In der Regel können diese Multi-Lieferanten-Kataloge an das ERP-System des Unternehmens angebunden werden.

Ergänzend zu den allgemeinen Softwarekriterien, die in den vorangegangenen Abschnitten beschrieben wurden, finden Sie nachfolgend fachspezifische Kriterien zur Bewertung von eProcurement Software.


Weitere spezifische Kriterien und Frage-Anregungen für die Beurteilung von eProcurement:

  • Führen Sie vor der Softwareentscheidung eine gründliche Marktrecherche der potentiell geeigneten Lösungen durch. Unser Tipp: Greifen Sie dabei völlig unverbindlich auf unseren kostenfreien Recherche-Service zurück. Es werden weite Teile der Ausschreibung übernommen, potentielle Lösungen strukturiert darstellt und die Kommunikation mit den Anbietern dokumentiert!
  • Fragen Sie nach dem Benutzer- und Rollenmanagement. Können Sie den Zugriff für einzelne Nutzer ihres Unternehmens so anlegen, dass dieser z.B. nur auf ein bestimmtes Warensortiment zugreifen kann? Auf diese Weise können Sie für einzelne Abteilungen oder Standorte bestimmte Sortimente “freigeben”.
  • Findet eine ausreichende Zugriffsprotokollierung statt? Lässt sich beispielsweise feststellen, wann ein Lieferant Katalogeinträge geändert hat?
  • Besteht die Möglichkeit Bedarfsmeldungen an ein bestehendes ERP-System zur Auslösung der Bestellung einzubinden?
  • Können Bedarfsmeldungen als Anfragen an die Lieferanten gestellt werden?
  • Welche Schnittstellen zu anderen gängigen betriebswirtschaftlichen Standardanwendungen gibt es? Hier sind insbesondere Buchhaltung, Rechnungswesen, Fakturierung, CRM aber auch ERP zu berücksichtigen.
  • Können individuelle Lieferadressen und Rechnungsadressen hinterlegt und ausgewählt werden? Hilfreich ist es, per Drop-down Liefer- und Rechnungsadressen auswählen zu können, wenn beispielsweise an unterschiedliche Unternehmensstandorte geliefert werden soll.
  • Wenn Sie Katalogdaten in Standards empfangen möchten, prüfen Sie zunächst, ob Sie die Daten automatisch weiterverarbeiten wollen. Klären Sie, welche Standards die Lösung umfasst (z.B. BMEcat, cXML oder Datanorm).
  • Fragen Sie, ob sich Termine und Zeiten möglicherweise inkl. Logistikinformationen (z.B. Ankunft LKW) anzeigen lassen.
  • Lassen Sie sich die Präsentation der Produkte vorführen. Gibt es Produktbeschreibungen in festen, genormten Feldern z.B. für technische Merkmale?
  • Klären Sie, ob es möglich ist über zusätzliche Plugins z.B. CAD-Dateien einzubinden, falls Sie solche Dateien (CAD-Modelle) den Produkten zuordnen möchten.
  • Umfasst die Software eine Budgetierung? Lassen sich Bestellvolumen über ein Monats- oder ein Artikelbudget kontrollieren? Wie sind die Freigabemechanismen für die Budgetierung?
  • Fragen Sie, ob eine Abwicklung des Bestellprozesses mit Einbindung von Bezahlsystemen möglich ist, falls Sie dies bevorzugen und ob diese Abwicklung dann in Echtzeit erfolgt?
  • Wie ist die Sicherung der Daten organisiert und inwieweit wird die Datensicherung unterstützt?
  • Fragen Sie, ob sich Warenkörbe speichern lassen, so dass die Bestellung ggfs. später getätigt werden kann. Lassen sich evtl. auch Bestellintervalle hinterlegen und so bestimmte wiederkehrende Bestellungen automatisch ausführen?
  • Klären Sie, ob Freibestellungen an eine individuelle Auswahl von Lieferanten gesendet werden können und ob die Angebotsverhandlung direkt über die Lösung erfolgen kann, so dass das Angebot evtl. später gleich in eine Bestellung umgewandelt werden kann.
  • Fragen Sie, ob die Lösung unterschiedliche Maßeinheiten und Gewichtseinheiten abbilden kann.
  • Fragen Sie nach, ob die Software mehrsprachig ist und ob beispielsweise auch die E-Mail-Templates mehrsprachig angelegt werden können. Klären Sie auch, ob alle erforderlichen Zeichensätze, z.B. für Griechisch, Russisch oder Chinesisch in allen betroffenen Systemen vorhanden sind (STichwort: UNICODE-Fähigkeit)
  • IT-Compliance3 bezeichnet die Einhaltung der gesetzlichen, unternehmensinternen und vertraglichen Regelungen in der IT. Vor allem die Informationssicherheit, Verfügbarkeit, Datenaufbewahrung und der Datenschutz sollten dabei gewährleistet sein. Prüfen Sie, ob die Compliance-Bestimmungen durch die Software eingehalten werden und ob sich die Compliance-Bestimmungen mit der Software flexibel verwalten lassen. Compliance-Bestimmungen regeln z.B. unterschiedliche Zugriffsrechte auf die Mitarbeiterdaten bei einer Personalsoftware. 4

1 Elektronische Marktplätze auswählen und nutzen - PROZEUS eBusiness Broschüre für KMUs (pdf-Datei)
2 Mittelstand Digital - Leitfaden B2B-E-Commerce
3 Compliance kann wörtlich mit Regeltreue, Regelverfolgung, Einhaltung, Befolgung oder Erfüllung übersetzt werden.
4 vgl. auch 2.3.3 IT-Compliance
Abkürzungen:
EDV: Elektronische Datenverarbeitung
MRO: Maintenance Repair and Overhaul
PDF: Portable Document Format
EDI: Electronic Document Interchange
EDIFACT: Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport
CRM: Customer Relationship Management
ERP: Enterprise Resource Planning
cXML: commerce eXtensible Markup Language
inkl.: inklusive
ggfs.: gegebenenfalls
evtl.: eventuell
IT: Informationstechnologie
vgl.: vergleiche
Software zum Thema Procurement:
Zentrale Beschaffung | E-Procurement