Software-Escrow1 steht für die Hinterlegung von Quellcode einer Softwarelösung bei einer neutralen dritten Partei. Das kann ein Treuhänder (z.B. ein Escrow-Agent) sein. Software-Escrow stellt eine Dienstleistung des Escrow-Agents dar. Ziel ist es, eine Vereinbarung über die Weiterverwendung des Quellcodes z.B. bei Insolvenz des Softwareanbieters zu treffen. Dabei übernimmt der Escrow-Agent eine beratende und treuhänderische Funktion.
Der Quellcode einer Software ist das Kapital eines Softwareanbieters und daher ist der Softwareanbieter bestrebt, den Quellcode unter Verschluss zu halten. Dem entgegen steht das Interesse des Anwenders an der erworbenen Softwarelizenz, eventuell ohne Hilfe des Lizenzgebers (Softwareanbieter) Anpassungen oder Änderungen vornehmen zu können oder vornehmen zu lassen. Dafür benötigt der Anwender oder der ausführende Softwareentwickler Zugriff auf den Quellcode und muss die Nutzungsberechtigung2 besitzen, um den Quellcode zu bearbeiten.
Um rechtlichen Streitigkeiten im Vorhinein zu entgehen, ist es empfehlenswert, einen sogenannten Escrowvertrag (Escrow Agreement)3 abzuschließen. Die Nutzungsberechtigung wird meist im Escrowvertrag vom Lizenzgeber unter bestimmten Voraussetzungen eingeräumt, wie z.B. bei dem Fall der Insolvenz des Softwareanbieters.
Der Treuhänder (Escrow-Agent) vermittelt zwischen Softwareanbieter und Anwender der Software und berät beide Seiten kompetent, individuell und juristisch. Dabei werden gemeinsam Bedingungen festgelegt, wann der Quellcode dem Anwender auszuhändigen ist.
1 | Auf die Möglichkeit der Quellcodehinterlegung (Escrow) hat uns der SoftGuide-Anbieter Deposix Software Escrow hingewiesen. Wir bedanken uns bei Herrn Stephan Peters für die hilfreichen Hinweise. |
2 | Verfügbarkeit des Quellcodes bedeutet nicht gleichzeitig, dass der Quellcode verändert und weiter genutzt werden darf, dazu ist eine Nutzungsberechtigung zwingend erforderlich |
3 | vgl. auch die Definition Escrow Agreement, aufgerufen am 27.09.2022, der Organisation pro Software Escrow e.V. |
4 | normalerweise hat der eingesetzte Insolvenzverwalter bei zeitlich begrenzter Überlassung der Software noch ein Wahlrecht zwischen Erfüllung und Kündigung des Lizenzvertrages (Stand Ende 2007) vgl. Recht für Software- und Webentwickler - Ausgabe 2008/09, 3. aktualisierte Auflage Kapitel 6.5 Softwarelizenzen in der Insolvenz von Dirk Otto, Rechtsanwalt, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Website www.kreativrecht.de vgl. auch Elisabeth Keller-Stoltenhoff, Rechtsanwalt, Kanzlei Keller-Stoltenhoff, München, Der neue § 108 a InsO-E oder wie man das Kind mit dem Bade ausschüttet, aufgerufen am 27.09.2022 |
5 | vgl. auch LawMedia AG: Sourcecode-Escrow, aufgerufen am 27.09.2022 |