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Warenwirtschaft für Einzelhandel und E-Commerce

Das klassische Warenwirtschaftssystem (kurz WaWi oder auch Warenwirtschaft genannt) ist für den Handel von Waren konzipiert. Die Geschäftsprozesse im Handel drehen sich stets darum, Waren gewinnbringend zu verkaufen. In der Regel müssen diese Waren vorher beschafft und meist auch gelagert werden. Durch den Einsatz einer Warenwirtschaft soll dieser Waren- und Materialfluss möglichst effizient und optimal abgebildet werden.

Doch ab wann lohnt sich der Einsatz einer Warenwirtschaft für den Einzelhandel? Welche Schwerpunkte und besonderen Funktionen sollten für bestimmte Einzelhandelszweige wie beispielsweise die Modebranche vorhanden sein. Macht es einen Unterschied, ob es eine Warenwirtschaft für den stationären Einzelhandel mit nur einem Ladengeschäft oder eine Filialkette oder eine Kombination aus E-Commerce Angeboten und Ladengeschäft ist?

 

Wann lohnt sich der Einsatz einer Warenwirtschaft?

Warenwirtschaftssystem – das klingt kompliziert und aufwendig und wird von vielen Unternehmen oftmals erst in Betracht gezogen, wenn das Excel-Listen Chaos überhandgenommen hat. Doch dann haben Unternehmen unter Umständen schon mit leeren Lagern aufgrund zu später Nachbestellung zu kämpfen, was die Kundenzufriedenheit in der Regel nicht wirklich erhöht.

Eine Warenwirtschaft ist nicht nur etwas für "große" Unternehmen mit hohem Warendurchsatz, sondern sollte auch in kleinen Unternehmen oder bei Start-ups zum Einsatz kommen. Je mehr Bestellungen bzw. Verkaufsvorgänge pro Tag bewältigt werden, desto schwieriger und unübersichtlicher wird die Bearbeitung dieser Vorgänge in Excel-Tabellen. Im Internet wird an verschiedenen Stellen eine Zahl von rund 40 Vorgängen pro Tag genannt, bei dem ein Wechsel von reiner Tabellenbearbeitung zu Warenwirtschaft angeraten ist. Dabei ist es unerheblich, ob diese Anzahl der Verkaufsvorgänge nur online oder nur im Ladengeschäft oder als Mischung erreicht wird.

Insbesondere im E-Commerce vergrößert sich der manuelle Aufwand exponentiell, wenn die Verkaufsvorgänge zunehmen. Gerade im Online-Verkauf lassen sich die meisten Prozesse automatisieren, da es Prozesse sind, die nach einem Standardablauf abgearbeitet werden. Beispielsweise können Bestätigungen oder Benachrichtigungen an Kunden automatisch versendet werden bei Bestelleingang oder dem Warenausgang. Mit einer Warenwirtschaft sind die Bestandsverfügbarkeiten auf sämtlichen Kanälen synchron. Sowohl im stationären Einzelhandel als auch im Onlinegeschäft setzen Kunden darauf, dass die Waren verfügbar sind und nicht erst in vier Wochen im Laden abgeholt werden können oder geliefert werden.

Je eher ein Unternehmen eine Warenwirtschaft implementiert, desto weniger Aufwand nimmt die Einführung in Anspruch. Daher macht es auch für ein Start-up bereits Sinn, ein entsprechendes System möglichst von Anfang an zu nutzen. Die Einführung ist einfacher und unkomplizierter, je weniger Datensätze im Unternehmen bereits vorhanden sind und ins WaWi übernommen werden müssen. Je komplexer und umfangreicher die Warenströme und Prozesse in einem etablierten Unternehmen bereits sind, desto aufwendiger und damit auch teurer wird die Einführung einer Warenwirtschaft.

Dabei muss eine Warenwirtschaft bei der Einführung in einem Start-up oder einem kleinen Unternehmen nicht "allumfassend" sein. KMU sollten vor allem auf die wichtigen Funktionalitäten und Automatisierungen für ihre speziellen Bedürfnisse achten. Die WaWi sollte sich gerade am Anfang als schlankes und flexibles System für diese Unternehmen erweisen.

 

Besondere Schwerpunkte und Funktionen für einzelne Einzelhandelsbranchen

Der Schwerpunkt und der Funktionsumfang einer Warenwirtschaft werden im Einzelhandel von der Branche, aber auch von den Vertriebswegen (stationärer Einzelhandel, Onlinehandel oder beides) und dem Sortiment sowie den jeweiligen besonderen damit verbundenen Anforderungen bestimmt.

Eine Warenwirtschaft, die auf den stationären Handel ausgerichtet ist, bildet unter Umständen nicht alle Funktionalitäten für den Onlinehandel ab. Umgekehrt sind WaWis für den Onlinehandel auf eine effiziente Bestell- und Versandabwicklung optimiert, während sie evtl. weniger umfangreiche Funktionen für den Ladenhandel aufweisen.

Beispiel Textil- und Modebranche

In der Modebranche (Textil, Schuhe, Accessoires) gibt es besondere Anforderungen an eine Warenwirtschaft aufgrund des Saisongeschäfts (Frühjahr-, Sommer-, Herbst- und Winterware), der einzelnen Kollektionen und der vielen möglichen Varianten eines Artikels (Farbe, Größe). Oft müssen auch für Online-Shops den einzelnen Artikeln neben den Preisen noch entsprechende Bilder und Pflegeanleitungen oder besondere Merkmale zugeordnet werden.

Eine Warenwirtschaft für die Modebranche sollte also Anforderungen für die Sortimentsplanung, Mengeneinheiten und die Artikelvarianten auf jeden Fall berücksichtigen. Eine Warenwirtschaft sollte möglichst den Saisonbedarf berücksichtigen und die Bedarfsmengen optimal ermitteln können. Wünschenswert ist bei einem WaWi hier sicher auch ein Modul oder eine Anbindung an ein Produkt-Informations-Management, mit dem der Content (Bilder, Texte, Pflegeanleitungen etc.) für die einzelnen Online-Kanäle und Plattformen entsprechend verwaltet werden kann.

Beispiel Lebensmittelhandel

Wichtige Anforderungen an eine Warenwirtschaft für den Lebensmittelhandel ergeben sich unter anderem durch die Verderblichkeit mancher Waren. Diese wird dargestellt durch das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). Die Zuordnung von Waren zu Chargen oder Partien sowie die Erfassung von Seriennummern sollte ebenfalls von einer Warenwirtschaft für den Lebensmittelhandel abgebildet werden. Eine WaWi für den Lebensmittelhandel sollte beispielsweise auch eine Zertifikatsverwaltung umfassen.

Die Warenwirtschaft muss die Zuordnung von Produkten zu Chargen sicherstellen können, im Lager nach dem First expired – First out Verfahren arbeiten können und im Krisenfall Rückrufaktionen verwalten können.

 

Welche Schnittstellen sollte eine Warenwirtschaft bieten?

In der Regel wird ein Warenwirtschaftssystem zusammen mit weiteren Systemen im Unternehmen eingesetzt. Für den Datenaustausch mit diesen anderen Systemen und auch für den Austausch mit Lieferanten sind Schnittstellen zwischen der Warenwirtschaft und diesen Drittsystemen notwendig.

Wichtige Schnittstellen zu folgenden Systemen sind unter anderem:

  • Shopsysteme
  • Online-Marktplätze und Plattformen
  • Kassensysteme
  • Versanddienstleister
  • Zahlungsdienstleister
  • Buchführung
  • Produktion

Der individuelle Bedarf richtet sich nach den Anforderungen. Nicht jedes Handelsunternehmen wird beispielsweise eine Schnittstelle zur Produktion benötigen. Ein Handelsunternehmen mit Filialstandorten wird aber eine Schnittstelle zu Systemen in den Filialen brauchen, jedenfalls wenn dort eigenständige WaWis eingesetzt werden. In diesem Fall wird von dezentralen Warenwirtschaftssystemen gesprochen. Eine zentrale Warenwirtschaft ist der Unternehmenszentrale zugeordnet. In beiden Fällen kommen hierbei offene oder integrierte Warenwirtschaftssysteme infrage. Mehr zu den Unterschieden von Warenwirtschaftssystemen sowie Hinweise zu typischen Funktionalitäten, Schnittstellen und Frage-Anregungen für die Beurteilung von Software finden Sie in unseren Software-Tipps zu Warenwirtschaft.

 

Fazit

Warenwirtschaftssysteme für Einzelhandel und E-Commerce sind für Unternehmen jeder Größe sinnvoll und sollten möglichst frühzeitig eingesetzt werden. Je nach Handelsbranche sollte bei der Auswahl eines entsprechenden Systems auf die Abbildung der speziellen Bedürfnisse und Anforderungen der Unternehmen geachtet werden.

Prüfen Sie aufmerksam bei der Auswahl, ob das System alle für Sie wichtigen Anforderungen abbildet, die Sie für Ihr E-Commerce oder Ihre Kombination aus Ladengeschäft und E-Commerce benötigen. Ein Textilhandelsunternehmen hat ganz andere Anforderungen als der Lebensmittelhandel oder der Elektrohandel. Grundsätzlich sind im Einzelhandel und im E-Commerce eher offene bzw. integrierte Warenwirtschaftssysteme von Vorteil, da hier die entsprechenden Schnittstellen bzw. die Einbindung von Partnern in die Lieferkette möglich ist.

Abkürzungen:
KMU: klein- und mittelständische Unternehmen
WaWis: Warenwirtschaftssysteme
evtl.: eventuell
MHD: Mindesthaltbarkeitsdatum

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